Freies Musizieren in Zeiten von Covid-19
Wie wir alle wissen, droht die Krise um das neue Coronavirus Musikern in der ganzen Welt, die Grundlage ihrer Exístenz zu entziehen. Musiker wie ich, die das Glück haben, feste Einstellungen bei Institutionen haben, die ihren Betrieb (und ihre Bezahlung) einigermaßen aufrechthalten können, sind die Ausnahme. Vor allem sind freischaffende Musikerinnen und Musiker, die sowieso oft ein prekäre Existenz führen, von einem extremen Ausfall ihrer Einnahmen betroffen.
Ich bitte kurz darüber nachzudenken, welche Rolle diese Menschen in der Musikwelt spielen.* Über die letzten 50 Jahre hat es enorme Fortschritte in den Bereichen historischer Aufführungspraxis von der Musik des 17., 18. und 19 Jahrhunderts gegeben. Auch haben sich viele Musikerinnen und Musiker mit der Musik unserer Zeit intensivst beschäftigt. Das sind nur zwei von vielen möglichen Beispielen, wie die Musik außerhalb des sichtbarsten Konzert- und Opernbetriebs blüht.
In gewisser Weise haben diese Musiker*innen den fest angestellten Musiker der gut subventionierten Orchester den Rücken freigehalten, um das solistische und Ensemblespiel innerhalb des Orchesters zu vertiefen und genauestens zu raffinieren. Im Fall der älteren Musik kann niemand verleugnen, dass die Arbeit der Freischaffenden die Betrachtungsweise und das Spiel der etablierten Orchester maßgeblich beeinflusst hat. Fast überall wird ganz anders als vor 50 Jahren gespielt und gesungen – und wir hören die Musik anders als vor 50 Jahren. Die Fortschritte im Verständnis dieser Musik sind nicht in den großen Sinfonie- und Opernorchestern und auch meistens nicht in den akademischen Institutionen vorangebracht worden, sondern durch freischaffende Musiker*innen, die mit Offenheit und Neugierde ihre Zeit und ihre Leidenschaft damit verbracht haben, diese Musik zu studieren und zu entdecken, wie sie zu uns heute besser sprechen kann. Erst durch das Engagement dieser Musiker*innen fanden heute als selbstverständlich erachtete Kenntnisse den Weg in den etablierten Konzertbetrieb hinein.
Was die Neue Musik betrifft, beflügelte der direkte Kontakt zwischen immer äußerst engagierten aufführenden Musiker*innen und Komponist*innen die Entwicklung neuer und auch aufführbarer Ideen. Das Experimentieren, das sich eine Orchestermusiker*in oder eine erfolgreiche Solist*in im Alltag nicht leisten kann, wurde von Freischaffenden vorangetrieben. Diese intensive und leidenschaftliche Beschäftigung einiger Musiker*innen mit neuen musikalischen Gedanken hat es unter Anderem ermöglicht, die konfrontativen Haltungen der 70er Jahre zwischen Orchestern und Komponist*innen zu entschärfen.
Ich bitte alle Musikinteressierte, ob im Publikum, in der Politik oder vor allem Musiker*innen in noch sicheren Arbeitsverhältnissen, die Arbeit der freischaffenden Musiker*innen zu würdigen und sie möglichst zu unterstützen. Dazu gibt es einíge Spendenaktionen, aber wer auch in der Lage ist, Freischaffende direkt zu unterstützen und sie für anspruchsvolle und gut bezahlte Projekte zu engagieren, sollte dies auch tun.
Die Zukunft der Musik steht auf dem Spiel!
Stockhausen und Trompete
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Mikrotöne
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